Wir Nostalgiker, wir ewig verlorenen Jäger und Sammler, wir retrologitischen Hardwarebeschaffer des 21. Jahrhunderts!
Wenn es um die Erweiterung alter, getriggerter und spannungsvariabler Geräte zur Tonerzeugung geht, verfällt nicht nur die Synmag-Leserschaft regelmäßig in einen irrationalen Zustand der gleichgültigen Betrachtung des derzeitigen Kontostandes. Zu übermächtig ist der Verlust der angestrebten Anschaffungs-Sachlichkeit und zu gering die Erinnerung an den Lebenspartner, der noch vor einigen Minuten mahnte, nicht zu viel Geld auszugeben.
Alles Schall und Rauch!
Wenn der Analogist und Poti-User erstmal die CVtoGate-Fährte aufgenommen hat, arbeitet die körpereigene CPU ausschließlich im Expansionsmodus. Die interne Argumentationskausalkette (wir haben ja schließlich keine anderen Laster, wie Frauen, Alkohol oder teure Autos), rechtfertigt auch schon mal, ein paar Hunderter mehr auszugeben.
Eigentlich spielt es auch keine Rolle ob es sich um ein Alt- oder Neugerät handelt, in beiden Fällen suggerieren die vielen Regler, Knöpfe und Lämpchen die unbedingte Notwendigkeit des Besitztumswechsels, und zwar sofort!
Warum uns aber gerade diese hinterlistige und gemeine Anordnung von technischen Drück-, Schiebe- und Glüheinrichtungen so irrational zum Kauf motiviert, ist bisher noch nicht weiter untersucht worden. Zugegeben, Kinder sind wir immer noch, wenn auch mit (ersten) grauen Haaren im Gesicht, mit Bandscheibenproblemen und lebenslangen Bausparverträgen.
Sind es also nun die unzähligen Möglichkeiten der Wellenformen, ist es der ultimative Sound des Gerätes oder das funktionale Design der Stepsequenzers? Ist es die immerwährende Vorstellung, wir hätten unser eigenes NCC1701 Steuerungspult gebaut, die Macht der Maschinenassimilierung veredelt oder sogar ein erotisches Element an dem rotgefärbten 5Volt Baukasten entdeckt?
Egal was es auch ist, irgendeinen Grund finden wir immer um etwas zu midifizieren, zu filtern oder zu editieren. Der vermeintliche Fortschritt und dem damit verbundenen unendlichen Ausbau des heimischen Studios, scheint beinahe grenzenlos. Hunderte Argumente, die wir über die Jahre uns erdacht, nein designed haben, um den nächsten Kauf Platinenbasierender Gerätschaften zu rechtfertigen, erzeugen die tatsächlichen Bedürfnisse und geben uns die Kraft für die stundenlangen Beschaffungsdiskussionen. Denn nur die beste Strategie kann verhindern, dass das nächste Haushalts-Geld in einen neuen Drumexpander und nicht in die längst notwendige Waschmaschine investiert wird.
Sorgen sollten wir uns aber machen, wenn wir den Bogen überspannt haben und unser sozialer und batterieloser Lebensabschnittsgefährte bei unseren Handlungen nicht mehr nur stutzt, sondern Fotos vom heimischen Equipment macht und kurz davor steht, selbstständig Teile davon zu versteigern.
Sofern Sie sich in der folgenden Checkliste vereinzelt wieder finden, hilft möglicherweise die Erstellung des mehrfach angekündigten persönlichen Liebessongs für die oder den Geliebten. Meistens muss aber mindestens doch noch ein Gerät aus dem hiesigen Homerecording-Studio als Good-Will-Verkauf das Studio verlassen.
Die Top Ten der Anzeichen dafür, dass die Musik schon in eine minderschwere Abhängigkeit ausufert und Du Dir dringend etwas einfallen lassen musst, ist wenn…
10) Du ein Fotobuch besitzt in dem nicht die schönsten Kinderfotos, sondern Kaufbelege der ersten analogen Synthesizer aufbewahrt werden.
9) Wenn Deine Kinder mit Vornamen Elka, Bob und Roland heißen.
8) Du immer ein billiges und unbenutztes Gerät zur Hand hast, wenn Dein Lebenspartner verlangt, dass Du auch mal etwas verkaufen müsstest. Leider hast Du gerade das leere Computergehäuse nicht zu Hause, dass als Dummyverkaufs-Artikel in Deinem Musiker-Freundeskreis umherwandert.
7) Du grundsätzlich alle Ebay-Verkäufer um eine neutrale und unauffällige Verpackung bittest und selbst die Verkabelung immer die Farbe der Displaybeleuchtung des anzuschließenden Gerätes haben muss.
6) Du mit geschlossenen Augen alle Netzteile am Geruch und Geschmack erkennen kannst.
5) Dein letzter Kaffee-Küchenbesuch schon eine Weile zurückliegt und mit der Aufforderung einen Filter zu wechseln abrupt endete.
4) Der tatsächliche Grund für den vierteljährlichen Besuch beim schwedischen Möbelhaus nicht der nette Gefallen an die Familie ist, sondern der, dass Du wieder ein neues Billy-Regal für Anleitungen, Schaltplänen und Musikfachzeitschriften benötigst. Die Taktik, dies erst immer völlig belanglos ganz am Ende des Besuches zu äußern, funktioniert noch immer perfekt.
3) Deine Hausschlappen schon mehrfach eine biologische Verbindung mit dem Studioteppich eingegangen sind.
2) Du dir keine Geburtstagstermine, Telefonnummer oder Namen von Freunden merken kannst, aber bis Winter 2015 alle Veröffentlichungs-Termine sämtlicher neuer Produkte kennst. Nach Rückfrage kannst Du sie natürlich auch im aktuellen Musik-Katalog mit Seitenangabe, Preisentwicklung und exaktem Liefertermin benennen.
1) Du als Weihnachtsbaumbeleuchtung ein Modularsystem mit Stepsequenzer gekauft hast und es damit begründest, dass es nirgendwo mehr Lichterketten gab.