Gedankenvertieft, Katalog blätternd und leicht verträumt schlurfte ich durch die Verkaufshallen eines großen Musikbedarfshandels. Praktischerweise und rein zufällig hinderte mich eine leuchtend blaue LED-Wand sowohl am Weitergehen, als auch vor einem sicheren Sturz in die grell ausgelegte Warenansammlung diverser DJ-Produkte.
“Oha“, dachte ich! Einer meiner seltenen und sinnierenden Musik-Kram-Besuche hätte mich beinahe ins Unglück gestürzt, wäre da nicht die zuvorkommende Bewerbung eines Plattenaufleger-Produktes gewesen, welche mich unfreiwillig vor einem apokalyptischen Fall in die DJ-Welt gehindert hätte. Was hatte mich denn eigentlich gerettet? Und wo war ich überhaupt?
Staunend wanderte mein Blick durch die unendlichen Verkaufsregale, den unglaublichen Farbzusammenstellungen der Produkte und unweigerlich auch auf das seltsame Duo, welches unweit von mir, gerade in einem Zustand völliger Einkauf-Ekstase zu sein schien.
Zwei aufgeregte Cappy-Träger und ein kurzhaariger Trendsetter standen in ca. 5 Meter Entfernung. Nach kurzer Analyse, musste einer der Drei so etwas wie der Verkäufer sein und die anderen Beiden hätte man in jeder anderen Produkt-gegen-Geld-Situation, wohl als Kunden bezeichnet.
Ich folgte ihrer Unterhaltung und staunte. Der Austausch nötiger Beschaffungsinformationen eines 39 Euro Mixers vollzog sich auf einer mir unbekannten Sprach-Ebene. Es musste eine speziell für DJ´s sein.
Die enorme Anzahl der verwandten Superlative des Produktes, welches scheinbar nur zum einfachen Lautstärke-Verschieben benutzt werden kann, überschlugen sich förmlich. Grell leuchtende Taster wurden zum Alleinstellungsmerkmal in der 40 Euro-Klasse definiert, das Gehäusedesign als ultimativ bezeichnet und ein 0,8 Meter langes, beiliegendes* USB-Kabel als Sensation formuliert. (*Wäre vor 2-3 Jahren auch eine Sensation gewesen)
Zur finalen und restlosen Überzeugung kramte der vermeintliche Selling-Profi noch einen ebenfalls in ultrablau leuchtenden und um 360 Grad drehbaren Kopfhörer unter der Theke hervor.
Die beiden naiven Cue-Punkt-Sammler klatschten sich ab und freuten sich wie kleine Guetta-Könige, als der Verkäufer jubilierte: „ Einen habe ich noch davon“. „Kostet nur 70 Tacken“!
Während die Jungs ihre aktuelle Finanzsituation besprachen, rückte ich unbeobachtet ein Stück näher und warf einen prüfenden Blick auf die ausgewählte Chinatechnik, deren Verkaufswert sich gleichmäßig auf Verpackung und Produkt verteilte.
Ich musste handeln!
Trotz der Tatsache, dass es sich bei den beiden Sratcher um Genrefremde Tonerzeuger handelte, standen sie mir näher als der Gel-glänzende Entpackungskünstler, der aus seiner Schrottsammlung ungerechtfertigten Profit schlagen wollte.
Mit einem scharfen “Darf ich kurz was fragen“ durchbrach ich die heimelige Verkaufsstimmung. Die Jungs warfen mir einen prüfenden Blick zu. Dieser wich kurz darauf einem zustimmenden Nicken, nachdem ich meine Frage (nicht abwartend der Antwort) anspruchsvoll qualifizierte. „ Was hat denn der Kopfhörer für einen Frequenzbereich, wie hoch ist der Klirrfaktor und wie viel Dezibel kann er im geschlossenen Zustand?“
“Jo, Dözibel“ murmelte einer der Beiden „ ey, klirrfaktor…super Wischtich“ der Andere.
Das Gesicht des Verkäufers schlug auf Friedhofsfärbung um. Seine sicher geglaubte Provision zerbröselte gerade in virtuelle 10-Cent-Stücke. Ich ahnte, dass er mindestens auf zwei der gefragten Inhalte keine Antwort geben konnte, da diese nicht einmal auf der Verpackung vermerkt waren. Während er nach einer Anleitung suchte, gab ich dem unfairen Verkaufsgespräch den Todesstoss. „Jungs, ihr wisst schon, dass die angesagten Farben bei den DJ-Kopfhörern gerade Weiß, Schwarz und Rot sind!“
Die beiden schauten sich fragend an. Ich ergänzte meine Aussage um den unprüfbaren Beweis mindestens Drei der Top 20 Djs persönlich zu kennen. Ihr Zweifel unterlag meinem sicheren Auftreten und der Tatsache, dass der Verkäufer die Anleitung mittlerweile im Lager suchte.
“Cool, Danke Alder, voll korrekt“ erwiderten beide nahezu synchron. „Komm MC-Justin, wir gehen noch woanners kucken“. Die beiden zogen ab und ich fragte mich, ob meine unerwartete Hilfe, die beiden auch vom zukünftigen Erwerb minderwertiger Produkte abhalten würde. Es musste bezweifelt werden, aber ich konnte ja nicht die gesamte Musiker DJ-Welt retten!
Aber es sprach nichts dagegen, noch mal für ein halbes Stündchen in die Studiomonitor-Abteilung zu schlurfen. Vermutlich tummelten sich dort schon einige unerfahrene Homerekordler.