Meine neue Facebookgruppe „Persönliche misanthropische Entwicklungen nach mehrstündigen Gebrauch von digitalen Medien“ ist aktuell noch spärlich besucht und leider haben sich auch die meisten von mir eingeladenen Freunde, schon gleich wieder aus Gruppe verabschiedet. Vielleicht liegt es daran, dass sie die Intention meiner Gruppenbildung anders deuten und sie sich eher wieder mit ihren, mir nicht erschließbaren Mechanismen einer individuellen Internetnutzung beschäftigen möchten.
Nun, vielleicht ist sie auch zu Anspruchsvoll, denn gleich mein erstes psychologisches Selbsthilfegruppen-Posting umschrieb die unlösbare Situation, warum andere User auf die Frage eines Musikgeräte-Käufers (unter der Artikelbeschreibung bei einem sehr großen US-Onlinehändler) mit der Aussage antworten: „Leider weiß ich das auch nicht“ oder „ Ich habe das Produkt nicht“ oder auch „Ich kenne es nicht und kann nicht helfen“ antworten. Es stellt also jemand eine spezifische Frage und eine große Anzahl an Kommentarleser gestehen ungebeten ihre völlige Ahnungslosigkeit.
Dieses Phänomen wird häufig noch von Aussagen ergänzt wie „Könnte sein“ oder „es ist gut möglich, dass das Produkt diese Funktion unterstützt“. Versetzen wir uns nun in die Position des Fragestellers, so ist zu vermuten, dass er wohl nicht darauf mit „Mensch schade, dass Du keine Ahnung hast, aber toll dass Du einfach mal hier antwortest“ oder „ super, jetzt fühle ich mich schon viel besser, dass ich nicht der einzige bin der sein Unwissenheit hier postet“ reagieren würde.
Dieser sinnlose Kommentierungswahn und der damit verbundene kostenlose Einblick ins Zwischen-den-Ohren-Vakuum diverser Worteverschwender ist mir ebenso schleierhaft, wie die Beschreibung eines Blister-Verpackten Speicher-Artikels (in einem Keinanzeigen-Portal) die das besondere Verkaufs-Adjektiv aus „Nichtraucher- und tierfreien Haushalt“ erhielt. Auch dieser zweite Anlass zum virtuellen Selbsthilfe-Gruppengespräch lief bisher ins Leere.
Niemand konnte mir die Gefahren-Kausalität einer speicherplatzgebenden Micro-SD-Karte und einer möglichen Kontaminierung durch das Brusthaar eines Zwergpudels, sowie der 14tägigen Luftverschmutzung durch 22 Schachteln Marlboro Gold erklären, solange das 10x8 Millimetergroße Produkt, beinahe sprengstoffsicher in seiner nicht gewaltfrei zu öffnenden Verpackung, einer vermutlich 2,5 Millionenjährigen Lebensdauer entgegenblickte. Die Verwendung von reißerischen Verkaufsargumenten hätte man in diesem Fall durchaus sinnvoller anwenden können, in dem man stattdessen auf das eigene individuelle Nutzungsverhalten hingewiesen hätte. „ungenutzte Speicherkarte aus Microsoftfreien und nur Analoggeräte-Anwenden Haushalt“ wäre nur eine der vielen Möglichkeiten gewesen. Oder, „diese SD Karte wäre niemals in einem Apple-Produkt eingesetzt worden“, hätte deutlich mehr Relevanz gehabt.
Bevor wir nun in unseren Kistchen und Schubladen nach alten Speicherriegeln suchen, um eine Haar- und Geruchsprobe zu nehmen, möchte ich gerne noch darauf verweisen, dass ich mir gerade auf einem Video-Portal das achtzehnte Artikel-Auspackvideo anschaue. Mein dritter Selbsthilfeeintrag wird also davon handeln, warum das Lesen der Packungsbeilage auf der Herstellerseite zeitsparender ist, als 20 Minuten seines Lebens damit zu verschwenden, einem Handywackler beim Zerreißen einer Festplattenkartons zu zuschauen. Was soll auch anderes darin zu finden sein, als eine Festplatte?
Zugegeben, für einige Menschen ist es wohl überlebenswichtig, sich vor einem möglich Erwerb eines Terrabyte-Datenklotzes über das Öffnen der Kartonage zu informieren (Anmerkung: Mir fehlte zum Ende des Videos noch der Hinweis zu den differenzierten Entsorgungsoptionen). Wer jetzt noch die zugehörigen User-Kommentare inhaliert und sich über siebenstellige Video-Besucherzahlen wundert, kann sich gerne meiner zweiten Facebookgruppe anschließen. „ Ein Leben mit Video-Portalen, Kleinanzeigen und Social Networking und wie ich beim Arzt überweisungsfrei noch weitere Therapiestunden herausschlagen kann“. Es gibt auch schon zwei Anmeldungen dort. Ich selbst und Heiner P., der ist Stuntmen bei RTLs Frauentausch und genau meine Zielgruppe.