Wenn sich 8-jährige Kinder zu ihrer Berufswahl outen, mag man manchmal die Aussagen der Kleinen belächeln. Im Besonderen, wenn so Berufe wie Feuerwehrmann, Raubritter oder Bob der Baumeister geäußert werden. Nachdenklich sollte man aber immer dann werden, wenn sich der Nachwuchs von einem Bekannten eines Freundes zielsicher als kommender DJ outet. So geschehen beim alljährlichen Geburtstagsbesuch bei Susanne und Klaus, von dem ich mich auch dieses Mal nicht entziehen konnte.
Mein letzter Besuch bei Thomas war schon eine ganze Weile her. Zumeist besuche ich ihn, wenn eines meiner Technikteile mal zickt oder kaputt ist, denn Thomas ist der Meister aller stromgeladenen Wiederbelebungen sowie Mega-MIDI-Reparateur und DIY-Jedi in einer Person. Wenn er etwas nicht wieder ins heimische 230-Volt-Reich zurückholen kann, ist es tatsächlich für ewig und immer verloren und dient dann maximal noch als Mahnmal schlechter Ingenieurskunst.
„Was? Eintausendachthundertundneunzig Euro?“ Mein noch vor kurzem spätpubertierender Nachwuchs nickte bedächtig, aber zielsicher, ohne dabei eine Miene zu verziehen. „Für so‘n bisschen Holz und sechs Drahtsaiten?“ „Dafür kaufen sich echte Musiker 16fach-multitimbrale und 128-stimmige Workstations“, ergänzte ich meine erste Unmutsbekundung. „Ist aber auch eine Les Paul“, antwortete die lebensgroße, von mir unterhaltene Familien-Haupt-Kostenstelle und verwies sogleich auf die Anschaffung meiner versammelten Gerätschaften im heimischen Kellerbereich.
Als 1968 geborener Musikliebhaber hat man so einige Epochen kommerzieller Übermittlungen von tonalen Trends und Stilrichtungen miterlebt. Egal ob via Radio, TV oder echte Langspielplatte, jede Zeit hatte ihre Errungenschaften und Veränderungen, die die eigenen Vorlieben maßgeblich geprägt haben. Ganz besonders war die Zeit, in der man nur mit Dolby C- bis X-angereicherten Kassettenrekordern aktuelle UKW-Sendungen mitschnitt, um sich über missratene Aufnahmen wegen Sprachunterbrechungen des Moderators zu ärgern. Ach wäre doch ein bisschen von dieser Nostalgie ins heutige Jahrtausend zu retten gewesen, denn wenn das digitale Radio im Auto die aktuellen jammerläppischen Deutschpop-Produktionen erklingen lässt, wünscht man sich doch gerne mal die eine oder andere Sprachinformation, die dem marketinggerechten „Oh-Eh-Oh“ der Giesingers, Tawills und Bouranys dieser Welt die Luft entzieht.
Auch dem Kolumnisten gelingt es sehr selten, sich von einem ausgedienten Gerät aus dem heimischen Studio zu trennen und preist diese auch nur ungern bei den üblichen „Geld gegen Ware“-Webseiten an. Denn so mancher Verkäufer, so hört man, habe dabei schon sein musikalisches Hobby aufgegeben, um bloß nicht mehr an die schlimmsten Wochen seines Künstlerdaseins erinnert zu werden. Kaum einer verkraftete die Folgen der nächtlichen Alpträume vor, nach und während der Angebotszeit, in denen sich immer und immer wieder die Inhalte des Emailverkehrs und das Szenario der Kontaktaufnahmen zwischen Käufer und Verkäufer in abstrakte Horrorvisionen manifestieren.
Es gibt so ein paar Tage im Jahr, da hofft man, nein man wünscht sich, dass sich irgendeine erträgliche Krankheit erbarmt, noch kurz über Nacht vorbeizuschauen. Leider hatte mein Immunsystem ausnahmsweise und völlig selbstständig entschieden, mal keinen gelbfiebrigen Bazillen freien Einlass zu gewähren und es verurteilte mich somit zur Anwesenheit auf der Geburtstagsfeier von Susanne.
Nein es war nicht so, dass ich die Gastgeberin nicht mochte, nur ihr Geschmack bei der Auswahl der Gäste konnte mich nicht so recht überzeugen.
Die schönste Zeit im Jahr ist – keine Frage – der Sommer und seine Urlaubszeit. Gerade dann, wenn die Reise übern großen Teich geht und man sich schon seit Wochen auf Sonne, Strand und eine nette Arrestzelle freut. Hmm, stimmt, Sie liegen völlig richtig! Diese Dreier-Konstellation angewandter Urlaubs-Synonyme passt so gar nicht zu hundert Prozent zusammen. Aber am besten erklärt es sich mit dem nachfolgenden Protokoll der wichtigsten Reiseereignisse.
Während sich der Kolumnist eigentlich nie zu schade dafür ist, sich jedem noch so kleinen reißerischen Ansatz für eine satirische Kolumne hinzugeben, so formulieren sich die nachfolgenden Zeilen tatsächlich etwas nachdenklicher als sonst, denn beim Durchblättern des neuesten backsteinschweren Instrumentenkatalogs sinnierte der Autor zum wiederholten Male religionsgleich über die Existenzberechtigung diverser stromgeladener Tonerzeuger.
War es die synthetisierte Blasphemie, die mich selbst ein bisschen erschrecken lies, als ich nicht wie vor höheren Kräften auf den Boden fiel und die sonst üblichen Gebete ausformulierte, um dem elektronischen Paradies der Beschaffung ein wenig näher zu kommen? Wo waren meine himmlischen Vorsätze, die eine ausufernde Ausgabe legitimieren sollten und mich sonst bereits am ersten Gebot „Du sollst dein Konto nicht überziehen“ zweifeln ließen? Nichts, da war rein gar nichts!
Gedankenvertieft, Katalog blätternd und leicht verträumt schlurfte ich durch die Verkaufshallen eines großen Musikbedarfshandels. Praktischerweise und rein zufällig hinderte mich eine leuchtend blaue LED-Wand sowohl am Weitergehen, als auch vor einem sicheren Sturz in die grell ausgelegte Warenansammlung diverser DJ-Produkte.
“Oha“, dachte ich! Einer meiner seltenen und sinnierenden Musik-Kram-Besuche hätte mich beinahe ins Unglück gestürzt, wäre da nicht die zuvorkommende Bewerbung eines Plattenaufleger-Produktes gewesen, welche mich unfreiwillig vor einem apokalyptischen Fall in die DJ-Welt gehindert hätte. Was hatte mich denn eigentlich gerettet? Und wo war ich überhaupt?
- Der letzte leise Schrei! Die ASMR-Synthese
- Warum Facebook-Selbsthilfegruppen auch keine Lösung sind!
- Netzteil(en)
- Ein Anhänger für Mordor
- Sie sind schon längst alle wieder da!
- Treffen der Generationen
- Technik die nicht begeistert
- Fiiiiiiep
- Noch leiser ist aus!
- Saiten-Weise
- A&O
- Einfach unwiderstehlich!
- Der Schrei oder wenn der Postbote mehrfach klingelt
- 10 Facts über Deine Hardware-Abhängigkeit
- Voll der Profi-Keyboarder
- Nein, ich brauche kein USB-Kabel
- Ein Dicker Umschlag
- Astronautentechnik
- Klima-Neutraler-Fußabdruck
- Niedere Instinkte